Mit dem Pferd von A nach B? Für die meisten Pferdehalter ist das Alltag. Hänger ankuppeln, Klappe runter, Pferd aufladen - was manchen mehr oder weniger gut gelingt - Pferd anbinden, Klappe zu und Abfahrt. Aber was ist, wenn Probleme auftreten und wie kann ich selbst einem Pferd, das mutig immer wieder neu auf den Hänger klettert, die Fahrt erleichtern? Wir haben mit Professor Uta König von Borstel gesprochen. Sie ist Verhaltensbiologin und leitet die Professur für Tierhaltung und Haltungsbiologie an der Justus-Liebig-Universität Gießen. Pferde sind ihre Passion.


ETCD FreiZeitReiter: Liebe Uta König von Borstel. Eine Frage vorweg: Jeder, der ein Pferd fährt kennt es. Das Pferd steigt aus und schaut sich erst einmal aufgeregt um. Keine Frage, es ist eine fremde Umgebung und das Pferd weiß das selbstverständlich. Aber kann ein Pferd "verstehen", dass es zuvor in diesem Anhänger "gefahren" ist. Oder fühlt es sich möglicherweise an einen anderen Ort "gebeamt" und kann sich gar nicht erklären, wie es dahingekommen ist?


Uta König von Borstel:  Eine spannende Frage, die ich mir auch oft gestellt habe. Aber Inzwischen bin ich mir relativ sicher, dass die Pferde sehr wohl mitbekommen, dass sie bewegt werden. Die meisten Hänger haben ja auch Fenster, aus denen sie herausschauen können und die Landschaft vorbeiflitzen sehen. Also ich glaube nicht, dass das Pferd darüber sinniert, wie das nun sein kann, dass es bewegt wird aber es merkt es schon, dass es an einen anderen Ort kommt. 

Ich habe dafür keine wissenschaftlichen Beweise oder Studien parat aber z.B. habe ich schon häufiger beobachtet, dass unsere Pferde (die höchst selten Hänger fahren) schon wiehern, wenn sie während einer Rückfahrt wieder bekanntes Gelände erreichen. (Und das war auch schon so, als wir nur 2 Pferde hatten und beide mit waren, also da gab es eigentlich kein anderes Pferd, dem sie geantwortet haben könnten) Also offenbar bekommen sie sehr wohl schon im Hänger mit, in welche Gegend sie gerade kommen. 

Es gibt eine uralte Studie von Prof. Grizmek, der Pferde über weite Strecken transportiert und dann ausgesetzt hat, um zu schauen, ob sie wieder nach Hause finden. Das haben sie. Obwohl nicht klar ist, woran sich die Pferde orientieren, ist das auch wiederum ein Hinweis, dass sie grobe Richtung etc. der Reise mitbekommen.

ETCD FreiZeitReiter: Stress im Hänger äußert sich nicht nur durch ein nassgeschwitztes Pferd. Woran erkennt der Pferdehalter, dass beim Transport was nicht stimmt/gestimmt hat, selbst wenn das Pferd problemlos wieder einsteigt?

Uta König von Borstel: Unruhe (Verhalten, Scharren, Treten schon während der Fahrt - im Idealfall hat man natürlich eine Kamera im Hänger); Nach der Fahrt: erhöhter Puls, Zittern, Schwitzen, Unruhe, Schrammen, Verletzungen, breiiger Kot. Besonders verdächtig ist ein festgezurrter Anbindeknoten, wenn man nicht eine Spezialanbinder verwandt hat. Eine besonders enthusiastische Begrüßung der/des Besitzer/in ist auch ein Hinweis darauf, dass das Pferd auf der Fahrt unter starken Stress war/sich alleine gefühlt hat. Wenn ein Pferd, welches zuvor problemlos in den Hänger gestiegen ist, anschließend nur noch ungern einsteigt, ist das natürlich ebenfalls ein klarer Hinweis, das irgendwas im Hänger /auf der Fahrt oder auch am Zielort Probleme für das Pferd bereitet hat.

ETCD FreiZeitReiter: Eine häufig diskutierte Frage: Plane vs. Polydach? Ist die Plane nicht mehr zeitgemäß? Was spricht dagegen?

Uta König von Borstel:

a) Geräuschentwicklung während der Fahrt. Könnte für sensible Pferde ein zusätzliches Problem darstellen.
b) Stabilität. In Plane kann relativ schnell ein Loch entstehen. Das wiederum könnte Pferde in brenzligen Situationen dazu veranlassen, zu versuchen, durch dieses Loch rauszuspringen (in Panik versuche Pferde unmögliche Dinge). Im Falle eines Unfalls, sind die Pferde evtl. auch ein klein wenig besser geschützt in einem Hänger mit Polydach.
 Mir ist allerdings nichts zu Unfallstatistiken bekannt. Daher weiß ich nicht, wie theoretisch diese Überlegungen sind.

ETCD FreiZeitReiter: Mittlerweile ist der Fahrer verpflichtet, für eine tiergerechte Einstreu beim Transport zu sorgen. Welche Einstreu hat sich bewährt und welche nicht?

Uta König von Borstel: Auch hier liegen mir keine wissenschaftlichen Studien zu vor aber drei Dinge sind wichtig:
- rutschfest, gesundheitlich + aus Umweltchutzssicht unbedenklich
- gute Saugfähigkeit (auch von StVO vorgeschrieben, da Fahrzeuge keine Flüssigkeiten verlieren dürfen)
- Bekanntheit für das Pferd. Pferde haben einen sehr empfindsamen Geruchssinn. Möglicherweise kann Einstreu aus der eigenen Box helfen, die Akzeptanz des Hängers zu erhöhen/ den Stress zu reduzieren.

ETCD FreiZeitReiter: Wie ist es mit der ersten Fahrt des neu gekauften Pferdes: Welche Empfehlungen haben sich bewährt? (Ggf. auch Absetzer)

Uta König von Borstel: Im Idealfall gerade beim jungen Pferd / einem Pferd, was das Alleinsein nicht kennt, einen ruhigen, verträglichen Gefährten auf die Fahrt mitnehmen. 

ETCD FreiZeitReiter: Wie steht es um Transportgamaschen, Decken und Sicherheitshalfter - Wie viel Sicherheit bietet Zubehör wirklich und was ist Wunschdenken?

Uta König von Borstel: Jedes Zubehör am Pferd birgt immer auch die Gefahr des Festhängens. Daher bin ich da etwas vorsichtig, was die Schutzwirkung betrifft. 

Foto: David Wewetzer

 

Newsletter abonieren