Ein Kommentar von Carola Schiller

 

Ein Pferd wird misshandelt und die Bilder geraten an die Öffentlichkeit und gleichzeitig an die ermittelnden Behörden? Richtig so! Ganz besonders letzteres, denn hier muss hingesehen und ermittelt werden. Und hoffentlich hat das Konsequenzen. Und natürlich ist die Wut der Pferdeleute groß, die von den Ereignissen erfahren. Je näher man an den Ereignissen "dran" ist, umso verwirrender kann aber sein, was da passiert ist. Ganz besonders, wenn man den Beteiligten im Fokus ein solches Verhalten niemals zugetraut hätte.

Das am Schweif ausgebundene Pferd im Märkischen Kreis in NRW ist so ein Fall. Ich kenne den Stall, ich kenne die Betreiber. Dass ich das letzte Mal vor Ort war, ist zwar eine Zeit her, doch dafür bin ich dort über einen langen Zeitraum aus- und eingegangen. Und zwar unbehelligt, zu jeder Zeit und ohne jemals irgendetwas zu sehen, was mir auch nur ansatzweise nachfragenswert vorkam. Besonders häufig war ich auf Anraten meines Tierarztes vor Ort, mit einem Pferd im Hänger, das unter einer unklaren Lahmheit litt.

Und damit war ich nicht allein. Ich erinner mich sehr gut, dass mitunter eine regelrechte Schlange mit Pferdeanhängern auf dem Parkplatz bis in die abschüssige Abfahrt standen. Nicht weil die Betreiberin irgendwelche "Guru-Allüren" hatte. Sie hatte es schlichtweg "drauf". Viele Tierärzte schickten ihre schwierigen Fälle zur Absprache dorthin. Die Kommunikation war hervorragend und ich kann mich absolut nicht daran erinnern, dass die Betreiberin sich jemals aufgespielt, etwas behauptet oder gefordert hätte. Sie hörte genau zu, sah sehr genau hin und es gab in diesen Jahren viele Pferde, die definitiv nicht mehr am Leben wären, wenn ihre diagnostischen Fähigkeiten nicht gewesen wären. Weichgespült war sie aber nicht. Wenn sie den Eindruck hatte, dass das Pferd sich nicht mehr erholen wird, sprach sie das unverblümt aus.

Jemand wie diese Stallbetreiberin, der reiterlich/fachlich so hoch aufgestellt ist, der ein sehr gutes Auge für das Wohlergehen des Pferdes hat und aus einer Reitergeneration stammt, einen eigenen Betrieb sehr erfolgreich führt und den Respekt der Tierärzte und Richter genießt, liefert Bilder, die jedem Betrachter klarmachen: "Das ist nicht in Ordnung!" ... Das ist eine bestürzende Erfahrung.

Ich für meinen Teil glaube nicht, dass ich jemals wieder ein Pferd in einem anderen Stall lasse, außer in dem, in dem ich "wohne". Egal, wie lange ich die Menschen kenne und wie gut ihr Ruf ist. Dabei ist doch Vertrauen wichtig. Gerade bei der Pferdehaltung - und Ausbildung ist es maßgeblich, dass wir uns auf andere verlassen können und nicht damit rechnen müssen, dass etwas passiert, mit dem wir nicht einverstanden sind, sobald wir dem Stall den Rücken kehren.

Mein Appell geht damit an die Stallbetreiber und Einsteller: Informiert einen Pferdebesitzer, wenn Ihr seht, dass mit dessen Pferd etwas passiert, womit der garantiert nicht einverstanden ist. Das gilt ganz besonders bei Gewalt, aber auch für die Fütterung, Vereinbarung zum Weidegang, Bewegung, Decken, Tierarzt und und und...

Vielleicht brauchen wir - unabhängig von den oben geschilderten Ereignissen - etwas mehr Toleranz, wenn die Besitzerin von Baldur, Schwanensee oder Sharif Sonder-Sorgen haben, wenn sie es einmal nicht zum Stall schaffen und sich auf uns verlassen.

 

 

 

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