Der Pressedienst des Landessportverbands Baden-Württemberg hat in seiner aktuellen Ausgabe 11.2023 folgende Berichte veröffentlicht:
Von Wölfen, Pferden und Menschen
Bremerhaven. Nachstehend folgt der wörtlich abgestimmte Kurzbericht einer Reiterin vom 18. Oktober 2023 nach einer unmittelbaren Wolfsbegegnung. Der Name der Reiterin und der Ort des Geschehens sind der Redaktion bekannt; auf Wunsch der betroffenen Reiterin werden beide nicht genannt. Der Ort des Geschehens liegt ungefähr sechs Kilometer südlich von Bremerhaven. Der Beitrag soll u.a. auch darauf aufmerksam machen, dass die Ratschläge: „Wie soll sich ein Reiter bei Wolfsbegegnungen verhalten: „Ruhig stehenbleiben, langsam rückwärts usw.“ nicht einfach mal so umgesetzt werden können. Der Redaktion ist bekannt, dass das Pferd im Offenstall im Herden-verband am Rande eines Moorgebiets steht. Das Pferd neige nicht zu Panik oder Fluchtreaktion, es bleibt eher als Statue stehen. Mit ihm wurde einiges an Bodenarbeit geübt, Ausritte als Handpferd unternommen und Verladetraining gemacht.
Die Reiterin berichtet:
„Ich startete meinen Ritt, wie jeden Tag, nach einem kurzen Fußmarsch auf unserer Straße in Richtung Moor. Gegenüber den Vortagen war mein Pferd verhalten aufmerksam. Ich trieb es an, vorwärts zu gehen und wechselte auf ein an den Weg grenzendes abgemähtes Maisfeld. Auch hier war mein Pferd aufmerksam aber ohne Vorwärtsdrang. Nach ca. 500 m drehte es schlagartig um und setzte im Trab den Rückweg an, querte den Feldweg zur benachbarten Weide und galoppierte bis zur Straße. Sämtliche Bemühungen, es zu parieren, schlugen fehl. Erst am Eingang zu unserem Stall kam es zum Stehen. Das ist für mein Pferd sehr ungewöhnlich, umdrehen wollte es schon öfter, ließ sich aber immer sofort wieder durchparieren. Etwa 300 m weiter von unserem Wende-punkt befanden sich zwei Wölfe, die ich wegen Büschen an den Wegen nicht sehen konnte.“
Ihr Ehemann berichtet:
Begegnung mit zwei Wölfen am 18.10.23 gegen 14.00 Uhr.
„Meine Frau ist mit ihrem Pferd ausgeritten und war nach ca. 15 Minuten wieder völlig aufgelöst zurück. Das Pferd hat gescheut und ist untypisch mit ihr durchgegangen und ca. 400m zum Stall gerannt. Ich setzte mich daraufhin auf das Pferd und versuchte zu dem Punkt, an dem es scheute, zurückzureiten. Das Pferd reagierte extrem auf alle Sträucher, Bäume und Büsche in der Nähe. Es ließ sich nur auf einem abgemähten Maisfeld oder einer angrenzenden Weide bewegen. Nach ca. 5 Minuten und viel Aufwand schaffte ich es von … durch das Moor zum Reitplatz und zurück zu reiten. Das Pferd war die ganze Zeit sehr nervös und schreckhaft. Es ist sehr untypisch für dieses Pferd. Kurz vor Rückkehr zum Stall sah ich ca. 200m rechts von mir auf einer Wiese einen Wolf, der dort Mäuse jagte. Ich vermied es, aus der Deckung der Bäume rauszureiten und drehte um, um einen anderen Heimweg einzuschlagen. Es schien, dass der Wolf mich noch nicht registriert hatte. Einen Moment später rannte rechts von dem ersten Wolf ein zweiter Wolf aus ca. 150 Metern Entfernung direkt auf mich zu. Ich entschied, im Galopp nachhause zu reiten. Als ich mich im Galopp umschaute, konnte ich den mich verfolgenden Wolf nicht mehr sehen.“ (Auf einer dem PRESSEDIENST vorliegenden Karte der Örtlichkeit hat der Reiter seinen Ritt aufgezeichnet. Die blauen Punkte darauf stellen die Wölfe dar. Die grünen Streifen zeigen das Pferd im Schritt, gelb im Trab und violett im Galopp.)
Die Sache ist noch nicht zu Ende
Wie dem PRESSEDIENST exklusiv und zuverlässig aus Bremen gemeldet wurde, ritten zwei Tage nach dem obigen Vorfall zwei weitere Frauen an jener Stelle vorbei, an dem das Pferd im ersten Falle davonjagte: An derselben Stelle also „scheute ihr Pferd und sie stürzte aus dem Sattel. Das Pferd entfernte sich - nicht etwa Richtung Stall sondern auf die große Wiese, um dort ‚sehr aufgeregt‘ hin und her zu rennen. Das Pferd der Begleitung blieb stehen, die Reiterin konnte absitzen und der Gestürzten helfen. Das Pferd wurde eingefangen und zurück zum Stall geführt. Am Sonntag darauf ritt die Reiterin aus der ersten Erzählung erneut aus und hatte keinerlei Probleme an der Stelle.
Eine Vermutung aus der Serie von Begegnungen ist, dass Pferde den Wolf lange wittern bevor der Mensch diesen wahrnimmt. Die Witterung führt zu deutlich unterschiedlichen Reak-tionen bei den Pferden bis hin zum Abwurf und panischer Flucht.
Guter Rat ist teuer. Mit zweierlei Maß wird gemessen
Was soll man nun mit den schönen Ratschlägen „Reiter begegnet Wölfen“ anfangen? Haben Pferde erstmal kritische Wolfsbegegnungen erlebt und panisch auf eine solche Begegnung reagiert, werden sie sich auch nicht mehr an Wölfe „gewöhnen“. Stehenbleiben, rückwärtsgehen, den Wolf im Blick behalten, etc. sind unsinnige Ratschläge für Reiter. Wie kann man z.B. ein Pferd über viele Meter rückwärtsrichten, um den Wolf im Blick zu behalten? Das ist einfach Unsinn! Den Rückzug antreten in möglichst ruhiger Art ist anzustreben – wenn das Pferd das mitmacht und der Reiter die Wölfe rechtzeitig erkennt. Gefährlich wird es allemal, wenn gleich mehrere Wölfe vor Ort sind und – ihre Scheu verloren haben, weil sie sich nicht bedroht fühlen müssen. Ein Reiter kann Wölfen sowieso nicht widerstehen und muss sich seine „Flucht“ genau überlegen. Es gibt kein probates All-heilmittel bei Wolfsbegegnungen. Jede ist für sich genommen besonders. Und? Ist es erstrebenswert, dass die Reiter und Fahrer die freie Natur meiden müssen? Ist es erstrebenswert, dass die Pferde (und andere Weidetiere) wegen der Wölfe eingesperrt werden? Hier läuft also vieles in die falsche Richtung.
Soweit der Pressebericht.
Wie würdet ihr reagieren, wenn ihr aus dem Sattel einen Wolf begegnen würdet? Wir sind gespannt. Schreibt bitte an
Zeitgleich gibt es auf Facebook eine Initiative zur Mittteilung von Geschehnissen rund um den Wolf, welche dann auch anonymisiert auf dem Kanal vom Lohnunternehmen Markus Wipperfürth ohne Kommentar veröffentlicht werden. Gerade die neutrale, d.h. ohne Hinzufügung eines eigenen Kommentars, Veröffentlichung läßt viele Beispiele von Begegnungen mit dem Wolf sichtbar werden. Es lohnt sich dort zu lesen.